Ein strahlendes Vermächtnis – warum uns Marie Curie inspiriert
Im späten 19. Jahrhundert und zu Beginn des 20. Jahrhunderts erhellte eine außergewöhnliche Frau die wissenschaftliche Welt: Marie Curie. Ihr Name steht nicht nur für die erste Frau, die einen Nobelpreis erhielt, sondern sie begründete auch den Anfang einer völlig neuen Ära in Physik, Chemie, Medizin, Technologie und Nuklearwissenschaften.
Ein Funken Genie in Warschau
Marie Curie wurde in keine einfache Zeit hinein geboren. Als sie mit dem Namen Maria Skłodowska am 7. November 1867 in Warschau das Licht der Welt erblickte, litt Polen gerade unter der russischen Besetzung. Frauen wurden diskriminiert, durften nicht an Universitäten studieren. Dennoch ist der kleinen Marie schon früh klar: Sie will Wissenschaftlerin werden und ist fest entschlossen, sich ihren Traum zu erfüllen. Ihr Ziel: die für Frauen zugelassene Sorbonne Universität in Paris. Doch seit Maries Mutter 1877 an Tuberkulose gestorben war, war die finanzielle Situation der Familie schwierig und machte ein Auslandsstudium für Marie unmöglich. Also musste sich Marie das Geld für Paris selbst erarbeiten. Sie gab Privatunterricht und arbeitete später auch als Hauslehrerin für wohlhabende Familien. Nebenbei besuchte sie mit ihrer Schwester Kurse an der sogenannten „Fliegenden Universität“ – eine Untergrundinstitution, die jungen Menschen einen wissenschaftlichen Austausch ermöglichte, der unter dem bestehenden Regime verboten war.
1890 wurde Maries Cousin Józef Boguski, einem ehemaligen Assistenten des russischen Chemikers Dmitri Mendelejew, die Leitung des Warschauer Industrie- und Landwirtschaftsmuseums übertragen. In dem Laboratorium des Museums bekam Marie zum ersten Mal die Gelegenheit, eigene chemische und physikalische Experimente durchzuführen. Das festigte Maries Interesse an experimenteller Forschung auf dem Gebiet der Physik und Chemie und Maries Wunsch in Paris Physik und Mathematik zu studieren wurde immer größer.
Ein leuchtender Beitrag zur Wissenschaft
1891 war es schließlich so weit: Marie konnte endlich nach Paris reisen und sich an der Universität Sorbonne einschreiben. Unter den hier zu dieser Zeit 1825 eingeschriebenen Studenten befanden sich nur 210 Frauen und nur 23 davon studierten an der naturwissenschaftlichen Fakultät. In Paris lernte Marie den Physiker Pierre Curie kennen, der an der „École municipale de physique et de chimie industrielles“ unterrichtete und das dortige Laboratorium leitete. Die beiden heirateten und Marie schloss ihr Physikstudium an der Sorbonne als Beste ab, in Mathematik als Zweitbeste. Ein Jahr später schrieb sie als erste Frau Europas eine naturwissenschaftliche Doktorarbeit. Marie begann gemeinsam mit Pierre die von Physik-Professor Henri Becquerel entdeckte Strahlung von Uranverbindungen weiter zu erforschen. Dabei entdeckten sie zwei bis dahin unbekannte, strahlende Elemente: Polinium (das Marie nach ihrem Heimatland Polen benannte) und Radium. Die gemessene Strahlung nannte Marie Curie Radioaktivität. Für ihre Entdeckungen wurden Pierre Curie und Henri Becquerel 1903 mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet – Maries Arbeit wurde zunächst außer Acht gelassen. Pierre bestand jedoch darauf, dass der Preis ebenso Marie verliehen wird. Damit ging Marie Curie als erste weibliche Nobelpreisträgerin in die Geschichte ein. Ihre Entdeckungen gelten bis heute als Grundstein der modernen Kernphysik.
Strahlen in der Dunkelheit
Doch 1906 wird Maries Leben plötzlich auf den Kopf gestellt. Ihr Mann Pierre, mit dem sie inzwischen auch zwei Töchter bekommen hatte, starb bei einem tragischen Verkehrsunfall. Marie war am Boden zerstört und verfiel in Depressionen, doch aufgeben war für die Wissenschaftlerin keine Option. Sie übernahm Pierres Vorlesung an der Sorbonne und wurde damit zur ersten Professorin an der Pariser Universität. Sie forschte allein weiter und es gelang ihr, das von ihr entdeckte Element Radium zu isolieren – ein wissenschaftlicher Durchbruch. Für diese Errungenschaft wurde sie 1911 mit dem Nobelpreis für Chemie ausgezeichnet. Damit ist sie bis heute die einzige Person, die den begehrten Preis in zwei Wissenschaften erhielt.
Zu Beginn des Ersten Weltkriegs bildete sich Marie in Radiologie weiter und richtete schließlich für das Rote Kreuz eine mobile Röntgeneinrichtung ein. Endlich konnte man erkennen, wo im Körper der Soldaten die Gewehrkugeln steckten und so vielen Kriegsverwundeten helfen. Die letzten Jahre ihres Lebens widmete sich Marie Curie dem Aufbau eines Radium-Instituts. Zusammen mit einem Arzt gründet sie eine Ambulanz zur Behandlung von Krebskranken. Schon bald hatte die Abteilung für Strahlentherapie die ersten geheilten Patienten zu verzeichnen.
Ein strahlendes Vermächtnis
Während sie mit ihrer Arbeit unter anderem verhalf, Menschenleben zu retten, bezahlte Marie Curie am Ende mit ihrem eigenen Leben dafür. Am 4. Juli 1934 starb sie schließlich an den Folgen der Strahlung, der sie Jahrzehnte lang im Labor ausgesetzt war. In all den Jahren ihrer Forschung war noch nicht bekannt, wie gefährlich radioaktive Strahlung wirklich ist. Erste Krankheitsanzeichen hatten Marie und Pierre über die Jahre nicht in Verbindung mit ihrer Forschung gebracht. Doch Maries Erbe strahlt auch weit über ihren Tod hinaus weiter: Ihre Entdeckungen bilden die Grundlage für unser Verständnis von Nuklearphysik und Chemie und haben die moderne Medizin nachhaltig beeinflusst. Das nach ihr benannte Curie-Institut in Paris setzt ihre Mission fort und steht weiterhin an vorderster Front der Krebsforschung.
Aus widrigen Umständen heraus hat Marie sich zu einer der größten weiblichen Wissenschaftlerinnen der Geschichte hochgekämpft. Mit ihren zahlreichen Erfolgen und Auszeichnungen in einer Zeit, in der Frauen in der Wissenschaft noch wenig Sichtbarkeit hatten, ebnete sie vielen anderen weiblichen Forscherinnen den Weg. Wir sind inspiriert von Marie Curie!
Autorin: Sonja Schärf